DR. SARAFI hat bereits im Jahr 2019 darauf hingewiesen, dass „Die Kriminalisierung des Glücksspiels durch die §§ 284 ff. StGB unter strafverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten“ (ZfWG 2019, 469-474, zu lesen unter: Hier) unangemessen erscheint, da nicht strafwürdiges Verhalten kriminalisiert wird und in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat die oberste staatliche Maxime die größtmögliche Freiheitsenthaltung des Einzelnen sein muss, solange nicht Rechtsgüter Dritter verletzt werden. Hierbei wurde erstmals der von Prof. Dr. Matthias Jahn von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main geprägte Begriff des Strafverfassungsrechts in einem rechtspolitisch hoch umstrittenen Kontext verwendet.

Vier Jahre später teilt Bundesjustizministerium am 23.11.2023 mit, u.a. die §§ 284ff. StGB – es handelt sich hierbei um verwaltungsakzessorische Strafgesetze, d.h. die Strafbarkeit hängt nicht von der Tat selbst, sondern lediglich von der Existenz einer Erlaubnis ab, was sich wiederrum nach dem GlüStV bemisst, welcher selbst abermals vom EuGH als unionsrechtswidrig eingestuft wurde (!) – streichen zu wollen.

Die Begründung des BMJ, wenn auch nur knapp, offenbart, dass es die von DR. SARAFI im Jahre 2019 dargelegte Kritik an den §§ 284ff. StGB erkannt hat, wonach mit den §§ 284ff. StGB Verhaltensweisen kriminalisiert werden, die unter strafverfassungsrechtlichen Aspekten – losgelöst von Emotionen und moralischen Vorstellungen, die im Strafrecht ohnehin keinen Platz haben dürfen – nicht strafwürdig sind.

Es geht hierbei um die abstrakte Frage nach der Legitimation von Strafgesetzen. Es geht um die Frage, nach welchen Voraussetzungen ein Rechtstaat, welches zur Gewährung größtmöglicher Freiheiten für seine Bürgerinnen und Bürger verpflichtet ist, bestimmte Verhaltensweise mit dem Strafrecht verbieten darf. Während dies bei Handlungen, wie Mord und Totschlag, Körperverletzung, Diebstahl, Raub, Betrug u.v.a. offensichtlich ist, kommt es leider immer wieder vor, dass Staaten Verhaltensweisen kriminalisieren, die bei genauer Begutachtung nicht strafwürdig erscheinen.

Dieser Aspekt ist entscheidend, um sich von diktatorischen Herrschaftsstrukturen abzugrenzen, in denen Verhaltensweisen willkürlich bestraft werden, obwohl sie keinen materiellen Unrechtsgehalt aufweisen, der eine Verfolgung durch das Strafrecht rechtfertigen würde. Ein Beispiel hierfür ist die (frühere) Kriminalisierung von Homosexualität oder die kontroverse Debatte über die mit der Abtreibung verbundenen Strafgesetze. Es sei daran erinnert, dass in Deutschland bis 1994 (!) mit dem § 175 StGB sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts kriminalisiert und mit dem Strafrecht geahndet wurden; Homosexuelle wurden mit dem scharfen Schwert des Strafrechts verfolgt.

Leider argumentieren immer noch renommierte Stellen gegen eine Entkriminalisierung, mit dem Argument, dass die Kriminalität steige. Dabei verkennen sie, dass die Kriminalität nur deshalb steigen kann, weil etwas kriminalisiert ist, das nicht zu kriminalisieren ist.