Sachverhalt
Unser Mandant, bekannt unter dem Pseudonym Scurrows, ist ein erfolgreicher Influencer und Streamer. Auf Plattformen wie Twitch überträgt er regelmäßig Live-Inhalte und interagiert direkt mit seinem Publikum, wodurch er eine breite Fangemeinde aufgebaut hat.
Im Rahmen seiner Tätigkeit besuchte unser Mandant im Jahr 2017 die Gamescom und filmte sich während eines Live-Streams auf Twitch mit einem Selfie-Stick. Dabei traf er auf verschiedene Streamer und führte spontane Interviews, unter anderem mit der Streamerin Shurjoka. Während ihres Gesprächs tauschten sich beide Parteien über ihre Tätigkeiten und Erfahrungen auf der Messe aus. Unser Mandant filmte sich dabei selbst mit dem Selfie-Stick, wobei Shurjoka ebenfalls ins Blickfeld der Kamera geriet. In der Unterhaltung gab es keinerlei anzügliche Bemerkungen oder Provokationen seitens unseres Mandanten. Da das Filmen mit einem Selfie-Stick üblicherweise aus einer erhöhten Position erfolgt, war aufgrund des Ausschnitts von Shurjoka auch ihr Dekolleté sichtbar. Beide Parteien trennten sich nach einem freundlichen Gespräch einvernehmlich.
Einige Jahre später begann Shurjoka, öffentlich zu behaupten, unser Mandant habe sie und andere Frauen auf der Gamescom 2017 belästigt. Sie habe die Thematik nur deshalb ruhen lassen, da unser Mandant angeblich „super viel Hate wegen ähnlichen sexistischen Vorwürfen von anderen Frauen zu eben der Gamescom bekommen“ hätte.
Im Sommer 2023 wiederholte Shurjoka diesen Vorwurf in einem Stream, den sie an den bekannten YouTuber KuchenTV richtete. Dabei ermahnte sie ihn, nicht mit unserem Mandanten zu sprechen, da gegen diesen angeblich Vorwürfe „zur Belästigung von irgendwelchen Influencerinnen, inklusive mir, auf der Gamescom in den vergangenen Jahren“ im Raum stünden. Weiterhin verunglimpfte sie unseren Mandanten als „Nazi-Troll“, womit sie ihm grundlos eine Verbindung zum Nationalsozialismus unterstellte.
In Reaktion auf diese Anschuldigungen veröffentlichte unser Mandant am 4. Juli 2023 ein Video, das die Begegnung der Parteien auf der Gamescom 2017 zeigt. Auf diesem Video ist keinerlei Belästigung erkennbar – weder gegenüber Shurjoka noch gegenüber anderen Frauen. Stattdessen zeigt das Video, dass unser Mandant, wie zur damaligen Zeit für solche Events typisch, mit einem Selfie-Stick unterwegs war, das Geschehen filmte und Personen interviewte. Unser Mandant konnte sich mit diesem Video rehabilitieren und die Vorwürfe entkräften und bekam viel Zuspruch aus der Öffentlichkeit.
Shurjoka wandte dann eine andere Taktik an. Sie thematisierte plötzlich Geschehnisse, die angeblich nicht auf dem Video zu sehen seien. Sie veröffentlichte noch am selben Tag, als das Video unseres Mandanten veröffentlicht wurde, ein Statement, das bis zur Urteilsverkündung über 1,5 Millionen Mal angesehen wurde und behauptete, unser Mandant sei den ganzen Tag über herumgelaufen und habe
„ins Dekolte von Streamerinnen [ge]filmt, und dann so [getan] als wäre das ‚keine Absicht'“.
Sie erklärte weiterhin, sie habe unseren Mandanten nochmals auf der Gamescom getroffen, dieser habe mit seinem Handy vor ihr herumgefuchtelt und gesagt, dass „der Chat sich freuen würde“, wenn sie mehr zeigen würde, da dies gut für die Klickzahlen sei. Sämtliche Vorwürfe waren jedoch frei erfunden. Einen Beleg dafür hat Shurjoka zwar immer wieder groß angekündigt, aber bis zur Urteilsverkündung nicht erbracht. Dabei darf nicht unerwähnt gelassen werden, dass – wie oft bei Belästigungsvorwürfen – vorliegend nicht nur Shurjoka und unser Mandant zugegen waren, sondern mehrere Personen. Ferner fand das Ganze im öffentlichen Raum statt und wurde live auf Twitch gestreamt. Dennoch wurde Shurjoka nicht davon abgehalten, diese Vorwürfe immer wieder zu wiederholen.
Aufgrund der Schwere dieser Vorwürfe mahnten wir Shurjoka im Jahr 2023 ab. Die Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ließ sie jedoch fruchtlos verstreichen. Daraufhin wurde Klage erhoben. Die Gegenseite behauptete, mit „Belästigung von Influencerinnen“ seien nicht ausschließlich Frauen gemeint gewesen. Dieser Ansatz war jedoch schon deshalb völlig abwegig, weil aus dem Kontext der Aussagen von Shurjoka eindeutig hervorging, dass sie gezielt von Frauen sprach und diese explizit als Opfer unseres Mandanten darstellte.
Shurjokas Anwälte versuchten zunächst, das Gericht davon zu überzeugen, dass die Äußerungen ihrer Mandantin als Meinungsäußerungen zu verstehen und hinzunehmen seien. Interessant ist auch der Versuch, das Gericht in die Irre zu führen: Vor Gericht behaupteten sie, es sei gegendert worden und nicht nur Frauen gemeint, später argumentierten sie, es gäbe sehr wohl diese Frauen, allerdings müssten diese ermittelt werden.
Nach den deutlichen Hinweisen der Kammer des Landgerichts Hamburg in der mündlichen Verhandlung am 30. August 2024, wonach sie den Beweis für ihre Behauptungen schuldet und dies durch den bisherigen Vortrag nicht erbracht sei, behauptete Shurjoka öffentlich, sie wolle diese Frauen schützen, obwohl sie vor Gericht die Taktik aufsetzte, dass auch Männer gemeint seien und Namen männlicher Influencer vor Gericht genannt hat.
In diesem Zusammenhang versuchte Shurjoka, andere Begegnungen unseres Mandanten mit männlichen Streamern als Beleg für die angebliche „Belästigung von Influencerinnen“ anzuführen. Auch für diese Vorwürfe konnte jedoch kein stichhaltiger Nachweis erbracht werden, da die Anschuldigungen insgesamt frei erfunden waren.
Rechtliche Würdigung
In der mündlichen Verhandlung hat das Landgericht Hamburg Shurjoka zugestanden, dass sie die Situation auf der Gamescom 2017 als belästigend empfunden haben könne. Dies sei als subjektive Meinungsäußerung hinzunehmen und nicht zu verbieten.
Im Urteil vom 15. November 2024 stellt das Gericht fest, dass die Äußerung aus dem Jahr 2020, in der von „sexistischer Belästigung“ die Rede war, nicht zusammen mit der Äußerung aus dem Jahr 2023 betrachtet werden könne, da zu viel Zeit vergangen sei und im Jahr 2023 lediglich von Belästigung gesprochen wurde.
Hinsichtlich der weiteren Vorwürfe, insbesondere der Behauptung, es gebe zusätzliche Vorwürfe von anderen Frauen gegen unseren Mandanten, handelte es sich hingegen um unwahre Tatsachenbehauptungen. Den Beweis für diese Vorwürfe konnte Shurjoka nicht erbringen. Der Versuch, das Gericht davon zu überzeugen, dass Shurjoka mit „Belästigungen“ plötzlich keine Belästigungen von Frauen gemeint habe, wurde als wenig überzeugend zurückgewiesen, da deutlich erkennbar war, dass sie nicht gegendert habe. Maßgeblich sei das Verständnis des Durchschnittsrezipienten, der die Äußerung eindeutig in diesem Kontext verstehen würde.
Auch die Äußerung „Nazi-Troll“ wurde vom Gericht als schwerwiegend ehrverletzend eingestuft und daher untersagt. Für diesen Vorwurf lagen keinerlei Anknüpfungstatsachen vor, sodass die Äußerung unzulässig sei.
Shurjoka wurde gerichtlich dazu verurteilt es zu unterlassen, folgende Behauptungen über unseren Mandanten aufzustellen
- es gäbe „super viel Hate wegen ähnlichen sexistischen Vorwürfen von anderen Frauen zu eben der Gamescom“,
- es gäbe „diverse Vorwürfe“, die gegen unseren Mandanten „im Raum stehen, zur Belästigung von irgendwelchen Influencerinnen“, „auf der Gamescom in den vergangenen Jahren“
- unser Mandant sei „schon den ganzen Tag auf der Messe mit Selfie Stick“ herumgelaufen und habe „von oben herab ins Dekolte von Streamerinnen [ge]filmt, und dann so [getan] als wäre das ‚keine Absicht’“
- Unser Mandant hätte mit dem Handy vor Shurjoka herumgefuchtelt und gemeint, „Chat würde sich darüber freuen, wenn ich mehr zeigen würde und das wäre gut für die Clicks.“
- Unser Mandant sei ein „Nazi-Troll“
Fazit
Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg zeigt, wie wichtig ein konsequentes juristisches Vorgehen gegen falsche Anschuldigungen und ehrverletzende Äußerungen ist. Auch subjektive Empfindungen dürfen nicht in unwahre Tatsachenbehauptungen oder grundlose Beleidigungen münden.
Unser Mandant konnte seine Rechte erfolgreich durchsetzen und ein klares Signal gegen Rufschädigungen setzen. DR. SARAFI Rechtsanwälte stehen für einen effektiven Schutz vor diffamierenden Angriffen – insbesondere im digitalen Raum.
Anmerkung:
Der Text zur Darstellung des Argumentationsverlaufs wurde überarbeitet und korrigiert. Durch die wirren und widersprüchlichen Argumentationen der Gegenseite hatte sich ein kleiner Fehler hinsichtlich des Ablaufs eingeschlichen.